Liebling

Die Nudel-Frauen von Bari Vecchia

Vor ihrer Altstadtwohnung sitzen drei Frauen unter einem kleinen Sonnenschirm an einem Tisch und stellen die Nudelsorte Orecchiette her. Neben ihnen stehen Gitter mit der fertigen Pasta zur Trocknung in der Sonne. Ein Mädchen mit Ringelshirt läuft gerade in die Wohnung.

Bari Vecchia und seine ganz besonderen Damen

Unter dem Arco Basso in Bari Vecchia, der gepflegten und verwinkelten Altstadt von Apuliens Hauptstadt Bari scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Vor ihren Wohnungen sitzen Damen an recht provisorisch aufgebaut scheinenden Tischen und zaubern tagein tagaus die für Bari und Apulien so berühmten orecchiette. Der Teig besteht aus Wasser und Hartweizengrieß. Kein Salz, das wird erst beim Kochen hinzugegeben. So erklärt es mir eine der liebenswerten und aufgeschlossenen Nudel-Frauen.

Pasta in Form von Öhrchen

Aus dem frisch zubereiteten Teig formt sie zunächst schmale Rollen. Sie trennt davon etwa zwei Zentimeter große Stücke ab. Dann zieht sie sie mit ihren geschickten Händen und einem geriffelten Messer über die Oberfläche ihres Holztisches. Auf diese Weise entstehen Öhrchen (orecchiette). Ihren Namen haben sie natürlich ihrer Form zu verdanken. Im Dialekt werden sie wiederum strascinati genannt. Das leitet sich vom Verb strascinare ab und beschreibt eben diese Bewegung des Ziehens über den Holztisch. Die freundlichen Nudel-Frauen bieten ihr Produkt in vielen verschiedenen Größen an. Auch die Vollkorn-Variante ist zu finden. Innerhalb von kurzer Zeit trocknen die Nudeln mit Hilfe der Sonne auf in Holzrahmen gefassten Gittern. Natürlich wollen sie käuflich erworben werden. Dabei versichern mir die Damen, dass es keine Touristenpreise gibt.

Traditionell servieren die pugliesi ihre orecchiette vor allem mit cime di rapa (Stängelkohl). Jede andere Art von Zubereitung ist natürlich genauso denkbar und äußerst lecker. Durch ihre gewundene Form und ihre raue Oberfläche nehmen die orecchiette die Soße nämlich besonders gut auf.

Süditalienischer Charme

Den neugierigen Blicken in ihre Wohnungen trotzen die Damen mit zarten Vorhängen. Dahinter sind meist ein laufender Fernseher und weitere Familienmitglieder zu erkennen. Mit Freude beantworten sie die Fragen der Touristen. Geduldig und in Zeitlupe demonstrieren sie wieder und wieder ihre Handwerkskunst. Gleichzeitig fragen sie interessiert was man zu Hause in Deutschland so macht und wie die wirtschaftliche Lage denn sei. Außerdem erklären sie mir, dass zu Zeiten der Lira in Italien doch Vieles besser war.

Bei Italiensehnsucht findet ihr neben den Nudel-Frauen von Bari noch mehr über Apulien! Genauer gesagt erzähle ich euch von tollen Menschen, wie z. B. dem Flâneur Guido Lupori, dem Sänger und Musical-Darsteller Rocky Verardo und dem Kapitän Davide de Giorgi.