Vor ein paar Monaten sprach ich hier bei Italiensehnsucht mit Rocky Verardo, dem Frontmann der Band I Dolci Signori. Er erzählte mir von einem ganz besonderen Projekt, über das er damals jedoch noch nicht so viel verraten durfte. Am vergangenen Samstag war es nun endlich soweit und ich konnte mir das wunderbare Ergebnis einer vor langer Zeit entstandenen Idee ansehen.
Bei Mamma Maria am Küchentisch
Unsere Italo-Pop-Geschichte beginnt bei Mamma Maria in Süditalien, am rot-weiß-kariert gedeckten Küchentisch. Rocky erhält einen Brief aus Amerika von seiner großen Liebe Gloria, dem schönsten Mädchen seines Dorfes, dessen Heirat mit dem amerikanischen Banker Johnny kurz bevorsteht. Zu verhindern wäre dies nur, wenn Rocky innerhalb von kurzer Zeit schlappe 17.952 Dollar locker machen könnte. Da erinnert sich der Nonno, überzeugend in Szene gesetzt von Richie Necker, dessen schauspielerisches Talent den I Dolci Signori Fans bereits bestens bekannt sein dürfte, an die Goldenen Siebziger, wo in Gelsenkirchen das Geld auf der Straße und in den Steinkohlestollen lag.
Auf nach Gelsenkirchen!
Schnell ist die Vespa mit dem „Nötigsten“ bepackt und zu den flotten Klängen von Lunapops Vespa 50 Special geht’s auf nach Gelsenkirchen! Beim ersten Stopp auf der Piazza im apulischen Ostuni hofft Rocky, das Geld für eine Übernachtung für sich und seine Vespa ersingen zu können. Zu Celentanos Ohrwurm Azzurro taut das Landshuter Publikum vollends auf, gefolgt von Eros Ramazzottis melancholischem Adesso tu, welches uns daran erinnern soll, dass die Reisen unserer lieb gewonnen italienischen Freunde nach „Bella Germania“ zumeist aus einer Not und dem tiefen Wunsch nach einem besseren Leben rührten.
Eine Reise mit Hindernissen
Nun aber stolpert Rockys künftige Weggefährtin Frauke (gespielt von der sowohl vor als auch hinter der Bühne äußerst sympathischen Alisca Baumann) in unsere Geschichte, die quirlige Deutsche mit dem eigentümlichen Namen und ihrem äußerst schrägen Tick, in emotionalen Momenten Lieder von einem gewissen Heino anzustimmen, der angeblich so etwas wie der deutsche Ramazzotti ist. Und auch Gianni, der zunächst nicht mit auf die Reise durfte, steigt endlich auf die Vespa, und mit ihm jegliches Klischee um den süditalienischen Mann, von dem Frauke dachte, dass Typen wie er irgendwann in den 90er Jahren ausgestorben seien. Somit sind die Front-Stimmen der I Dolci Signori komplett und die absolut kurzweilige und unterhaltsame Odyssee nimmt ihren Lauf. Multitalent Johann Anzenberger krönt das Ganze mit unschlagbarem Witz und schauspielerischem Können, indem er in heitere Rollen wie die von Mamma Maria, Luigi Onesto, einer deutschen Krankenschwester und noch vielen mehr schlüpft.
Gewohnt hohes künstlerisches Niveau
Die eingefleischten „Dolci“-Fans, von denen nicht wenige im Publikum auszumachen sind, kommen musikalisch voll auf Ihre Kosten, den Neulingen verschlägt es bei Rockys Interpretation von Carusos Ti voglio bene die Sprache und der Applaus nach jedem Lied trägt Darsteller und Musiker durch die anspruchsvolle und schweißtreibende Darbietung.
Jedes noch so kleine Detail stimmt, Lied und Geschichte verschmelzen zu einer selbstverständlichen Einheit und man vermag nicht auszumachen, was von beiden als erstes da war. Der Regisseur und studierte Italianist Stefan Tilch erklärt, dass am Anfang die Playlist stand. Anhand dieser wurde der Plot gebaut, so dass am Ende die Lieder die Geschichte verstärken und diese wiederum zum Verständnis der Liedinhalte führt.
Wie und mit wem die Reise endet? Auf jeden Fall mit einer gewohnt fulminanten Show der Dolci Signori und natürlich mit der Liebe …
Ja, Italo-Pop ist leichte Kost und die Klischees hinreichend bekannt. Wer sie jedoch so liebevoll und gekonnt in Szene setzt wie Stefan Tilch mit seinen Schauspielern vom Landestheater Niederbayern und den sechs Vollblutmusikern von I Dolci Signori, der trifft seinem italophilen Publikum mitten ins Herz!
➡️ Hier findet ihr die Homepage von I Dolci Signori mit allen aktuellen Tourdaten.
Azzurro – Die Italo-Pop-Revue von Stefan Tilch
(Stand: Februar 2017)
Ausstattung:
Dorothee Schumacher und Lutz Kemper
Choreografie:
Susanne Prasch
Dramaturgie:
Dana Dessau
Premiere in Landshut: 10. Februar 2017, 19.30 Uhr
Premiere in Passau: 25. Februar 2017, 19.30 Uhr
Premiere in Straubing 21. Februar 2017, 19.30 Uhr
Fotos: Peter Litvai
Besetzung:
Rocky: Rocky Verardo
Gianni: Gianni Carrera
Frauke / Comadre Pasqualina: Alisca Baumann
Mamma Maria / Enzo /Krankenschwester / Luigi Onesto / Dante: Johann Anzenberger
Nonno / Ensemble / Gitarre: Richie Necker
Papa / Ensemble /Klavier: Bernd Meyer
Lo zio Enzo / Ensemble / Bass: Uli Zrenner-Wolkenstein
Cugino Pasqualino / Ensemble /Schlagzeug: Michael Thomas